Nach dem Frühstück am Pool geht es mit zwei Jeeps raus aus Zagora in die Einsamkeit. Über eine staubige Piste und durch Steine und Geröll bis zum ersten Camp an einem Froschteich am Fuß eines Berges. Dort treffen wir auf die Nomaden, die die acht Dromedare, welche in den nächsten Tagen Lebensmittel, Gepäck und Ausrüstung tragen werden, in den letzten zwei Tagen von Zagora bis hierhin geführt haben.
Für uns haben sie bereits ein Zelt errichtet und mit Teppichen ausgelegt.
Zur Begrüßung serviert uns Brahim erst einmal den „Berber-Whiskey“, den marokkanischen Tee mit viel Minze und noch mehr Zucker.
Bevor uns Isabel in das Geheimnis der „Berber-Augen“ einführt und jedem von uns etwas Khol überreicht, den marokkanischen Kajal der Berber. Mit einem Holzstäbchen, welches zunächst am Augapfel angefeuchtet wird, trägt man den zu feinstem Pulver gemahlenen Stein durch eine Dreh- und Ziehbewegung, die einiger Übung bedarf, auf den Innenlidern auf. Der Khol soll medizinische Wirkung haben. Zum einen soll er den Tränenfluss anregen und Insekten fernhalten, zum anderen soll er den Blick klären und schärfen.
Nach einem ersten Mittagessen, anschließender Siesta und einer Meditation zu den Elementen beginnen wir unser Schweigen. Die Dromedare werden beladen und wir laufen los. Unsere erste Etappe beginnt mit der Erklimmung des Berges. Oben angekommen erstreckt sich vor uns die marokkanische Sahara mit ihren verschiedenartigen Wüstenlandschaften.
Direkt vor uns liegt zunächst nur Stein und Geröll, welches vom kleinen Sand mit seinen vereinzelten Büschen und Sträuchern abgelöst wird und schließlich in die mächtigen Dünenlandschaften des großen Sands übergeht.
Unser Weg führt uns an diesem ersten Tag durch die Wüste aus Stein bis zu einer Oase, unserem ersten Lagerplatz.
Während die Dromedare abgeladen und die Zelte aufgebaut werden, dösen wir auf unseren Matten im Schatten unter Palmen. Ich falle tatsächlich in einen tiefen Schlaf. Nach einem Tee mit Nüsschen brechen wir das Schweigen wieder mit einer Gesprächsrunde zu unseren Erfahrungen des Tages. Im Anschluss an unser erstes Abendessen und die Abendmeditation gehen wir erneut ins Schweigen.
Es ist unsere erste Nacht in dieser wilden Ödnis. Um uns herum nur Stein. In der Oase ein wenig Wasser und Sträucher, über die sich die Dromedare hermachen.
Der Sternenhimmel ist atemberaubend und mir fehlt die Ausrüstung, um ihn in seiner vollen Pracht zu fotografieren, aber ich weiß, dass er vor meinem inneren Auge weiter existieren wird. Wir suchen uns unsere Schlafplätze unterm freien Himmel noch vor Einbruch der Dunkelheit. Auf den Felsen kühl es kaum ab. Während ich die Milchstraße und diesen einzigartig schönen Sternenhimmel bewundere, schwitze ich im Schlafsack langsam vor mich hin, bis ich ihn zum Vergnügen der Mücken, die in der Oase leben, doch öffne. „Wer hat eigentlich behauptet, dass es in der Wüste nachts kalt wird?“ frage ich mich.
Erst gegen 5 Uhr kommt ein leichter Wind auf, der ein wenig Erfrischung mit sich bringt. Ich genieße den Wind auf meiner Haut und schaue in die Sterne, bis Isabel uns um 6 Uhr zur Meditation weckt. Nach unserem ersten Frühstück treten wir den zweiten Tag unserer Wanderung an.
Mein erster Tag ohne Netz seit 9 Jahren liegt hinter mir. Ich bin „out of control“ – da wo ich bin, existiert kein Alltag mehr. Ich bin auf wundersame Weise abgeschnitten und unerreichbar. Ein Zustand, der mir sehr viel leichter fällt, als gedacht – hier in dieser Natur, dieser Weite, an diesem Ort, den ich immer hautnah erleben wollte. Wo weder ich kontrolliert werde noch ich kontrollieren muss. Wo ich einfach vertrauen und loslassen kann.